Geschichte
Der Begriff des handlungsorientiertes Lernens geht zurück auf die Reformpädagogik des späten 19. Jahrhunderts. Bereits Pestalozzi propagierte das Lernen mit „Herz, Hirn und Hand“. Später setzte die Lernpsychologie wichtige Impulse: Lange Zeit herrschte mit dem Behaviorismus die Idee vom Lernen als einem mechanistischen, imitativen Vorgang vor. Mit dem Konstruktivismus vollzog sich regelrecht eine Paradigmenwende: Lernen wird verstanden als ein aktiver Prozess jedes einzelnen Lerners, der bewussten Aneignung von neuen Strukturen. Großen Anklang fand das handlungsorientierte Lernen in der Berufspädagogik, wo es noch heute unter dem Konzept der „vollständigen Handlung“ eine zentrale Rolle spielt.
Ziel
Die Schülerinnen und Schüler sollen aktiv in die Bewältigung von zwar überschaubaren, aber dennoch komplexen und problemhaltigen Situationen eingebunden werden und so eine umfassende Handlungskompetenz für die Lebenswelt außerhalb der Schule erwerben. Dabei stehen insbesondere der Erwerb von kritischem, selbstständigem Denken und Handeln, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und die Fähigkeit zu selbstorganisiertem Lernen im Vordergrund.
Charakteristika
Handlungsorientiertes Lernen oder Arbeiten als ein Basisprinzip modernen Unterrichts, der ausgerichtet ist auf den Erwerb von Schlüsselqualifikationen, ist geprägt von folgenden Charakteristika:
- Schülerorientierung: Handlungsorientierter Unterricht geht von den Interessen, Bedürfnissen, Vorerfahrungen und dem Vorwissen der Schülerinnen und Schüler aus. Diese werden in die Lernsituationen und -aufgaben eingebettet.
- Ganzheitlichkeit: Die Themen sind von Relevanz für die Lernenden und erfordern von diesen sowohl eine kognitive als auch emotionale Beschäftigung. Gefühl, Sinne und Intellekt sollen durch die Lernerfahrung angesprochen werden. Dabei stehen die zu bearbeitenden Aufgaben in einem sehr engen Bezug zur außerschulischen Realität.
- Aktivität der Lernenden: Die Schülerinnen und Schüler sind eigenaktiv Lernende, die Lernmaterial und Informationen be- und verarbeiten. Sie verknüpfen selbstständig die neuen Lerninhalte konstruktiv und integrieren sie in die bereits vorhandenen Wissensstrukturen. Das Lernen erfolgt dabei auch als soziales Lernen in Interaktionen mit den Mitschülerinnen und -schülern sowie der Lehrkraft.
- Lehrerrolle: Mit der Übernahme von Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler für den Lernprozess und das Ergebnis geht auch eine veränderte Rolle der Lehrkraft einher. Diese ist nicht der bloße Vermittler von Wissen, sondern vielmehr übernimmt die Lehrkraft die Rolle eines Beraters und Unterstützers, der den Lernprozess begleitet. Weiterhin besteht seine Aufgabe darin, vor dem Unterrichtsgeschehen praxisnahe, komplexe Aufgabenstellungen als Lerngelegenheiten zu planen und vorzubereiten.
- Exemplarität und Induktivität des Lernens: Ausgehend von einer exemplarischen Problemsituation werden die Gesetzmäßigkeiten oder Prinzipien abgeleitet, die zur Lösung weiterer Probleme und Aufgabenstellungen befähigen. Schülerinnen und Schüler sollen entdeckend lernen.
Handlungsorientierte Unterrichtsmethoden
In vielen bekannten und weit verbreiteten Unterrichtsmethoden finden sich Elemente des handlungsorientierten Unterrichts. So z. B. im klassischen Projektunterricht, in der Freiarbeit, dem Stationenlernen, dem Lernen durch Lehren, den verschiedenen Spielvarianten (Rollenspiel, Planspiel, Lernspiel).
Möglichkeiten der Lernkontrolle
Selbstverständlich können auch beim handlungsorientierten Lernen die Lernfortschritte kontrolliert und bewertet werden, z. B. über die Auswertung des Unterrichts in den Handlungsphasen, über die Bewertung des entstandenen Produkts, über Fragebogen, die sich auf den individuellen Lernzuwachs beziehen, oder über kooperative Auswertungen, wie Dokumentationen, Lerntagebücher, Expertenbefragungen in Gruppen, gemeinsame Erstellung von Lerntests etc.